Videokonferenzen
lernwirksam
gestalten
Videokonferenzen – das neue Wundermittel?
Tablet an, Kamera und Mikro kontrollieren und schon kann man mit dem entsprechenden Videokonferenzwerkzeug gemeinsam an einem Thema arbeiten – fast so wie im Klassenzimmer.
Aber wirklich nur „fast“. Denn Videokonferenzen für Lehr-/Lernprozesse zu nutzen, bietet zwar neue Möglichkeiten, ist aber anspruchsvoll und will gut vorbereitet sein. Und ein „Unterricht nach Stundenplan“ per Videokonferenz [1] – so zeigten erste Erfahrungen sehr rasch – ist weder sinnvoll noch wirklich möglich.
[1] In diesem Text wird von „Videokonferenzen“ bzw. „Videokonferenzsystemen“ gesprochen; gemeint ist damit auch der „Videochat“ für kleine Gruppen. Er wird nicht gesondert aufgeführt.
Quelle: Die Moderationskarten sind auf der Webseite der gmk (Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur) unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 veröffentlicht
Hintergrund
Aufgrund der Corona-Krise und der dadurch bedingten Einschränkungen beim Präsenzunterricht sind inzwischen erweiterte Möglichkeiten geschaffen worden, Videokonferenzsysteme, z. B. Microsoft Teams for Education (TEAMS) (siehe KMS vom 13.05.2020), zu nutzen. Zu beachten sind grundsätzlich
- das Prinzip der Freiwilligkeit der Teilnahme
- das Einholen der Einverständniserklärungen der Erziehungsberechtigten bzw. der Schülerinnen und Schüler
- die Einhaltung des Datenschutzes.
Vorausgesetzt wird, dass Schülerinnen und Schüler Zugriff auf digitale Endgeräte mit einem ausreichend großen Display (Tablet, Notebook, Convertible, PC) haben; Smartphones reichen in der Regel nicht aus. Für eine gute Audioübertragung sind Headsets Plugin-Kopfhörern vorzuziehen.
Grundlegende Informationen zu Videokonferenzen, z. B. Muster für Einwilligungserklärungen finden sich im mebis-Infoportal.
klicksafe bietet eine Checkliste zur sicheren Durchführung.
Input und Interaktion in Videokonferenzen
Videokonferenzen eignen sich grundsätzlich gut,
- Input zu geben; vergleichbar zum Lehrervortrag bzw. der Instruktion im Präsenzunterricht ist es möglich, einen Sachverhalt zu erklären und gleichzeitig etwas zu zeigen;
- Interaktion anzuleiten und Teilnehmer zu aktivieren, so dass diese sich zu Wort melden, Fragen stellen oder gemeinsam in kleineren Lerngruppen an einem Sachverhalt arbeiten.
Instruktionen geben
Die Aktivierung von Schülerinnen und Schülern ist aufgrund der räumlichen Distanz beim Lernen und der technischen Möglichkeiten, sich abzulenken, zentral.
Schülerinnen und Schüler aktivieren
Einsatzszenarien: Klassenverband, Kleingruppen und Sprechstunde
Der Einsatz der Videokonferenzsysteme ist weder auf bestimmte Fächer noch Jahrgangsstufen begrenzt.
Klassenverband
Ein Treffen der ganzen Klasse funktioniert dann gut bzw. besser,
- es um die Pflege der Klassengemeinschaft geht,
- der Termin, z. B. als Teil des Wochenplans, als „Ritual“ etabliert ist, sodass man sich beispielsweise täglich am Vormittag einmal kurz trifft, Fragen klärt und danach mit der individuellen Arbeit beginnt,
- die Planung des weiteren Vorgehens, etwa beim Lernen zuhause, vorgestellt wird,
- feste Regeln für die Treffen vereinbart sind,
- Inputphasen, z. B. als Lehrervortrag, max. 15 Minuten dauern und mit Phasen der Interaktion in Kleingruppen kombiniert werden; dazu sollten eigene „virtuelle“ Räume bzw. andere Online-Werkzeuge zur Verfügung stehen.
» siehe auch unten: Vorbereitung und Durchführung
Beispiele für Regeln für die Videokonferenz finden sich hier.
Kleingruppen
Das bevorzugte Einsatzszenario besteht darin, in kleineren Lerngruppen Aufgaben bzw. deren Lösung zu besprechen. Im Regelfall dauern diese virtuellen Treffe nicht länger als 20 Minuten. Beispiele für die Kleingruppenarbeit sind:
- Beschäftigung mit Lernaufgaben und Musterlösungen,
- die Bildung von Lerngruppen zu bestimmten Fehlerschwerpunkten bzw. Unterstützungsbedarfen und zum gemeinsamen Üben,
- kurze Einheiten zum Üben der Aussprache im Fremdsprachenunterricht, z. B. als „2-minutes-talks“, mit der Möglichkeit, individualisiertes Feedback zu geben,
- Besprechung von digitalen Lernprodukten, wie z. B. Präsentationen, E-Books oder Lernvideos,
- Besprechung von W- und P-Seminararbeiten in der Qualifikationsphase des Gymnasiums,
Vorbereitung auf Abschlussprüfungen, u. a. auch auf die mündlichen Formate in den Fremdsprachen oder durch die Besprechung der Korrektur von Beispielaufgaben.
Binnendifferenzierung, z. B. durch Lerngruppen zu Fehlerschwerpunkten
Sprech- und Fragestunde
In den Projektschulen bieten die Lehrkräfte auch allgemeine
Sprech- und Fragestunden an, die von Schülerinnen und Schülern auf freiwilliger Basis genutzt werden können.
Dieses Angebot dient
- der Lernbegleitung für Schülerinnen und Schüler, die sich allein weniger gut motivieren können oder nicht so selbstständig beim Lernen sind,
- der pädagogischen Betreuung von Schülerinnen und Schülern, die ihre Lehrkräfte als Gesprächspartner brauchen,
- zur Unterstützung in Phasen der Prüfungsvorbereitung.
Beratung, z. B. für W- und P-Seminare
Pädagogische Begleitung
Wie motiviert und zuverlässig Schülerinnen und Schüler an Videokonferenzen teilnehmen bzw. sich darauf vorbereiten, ist natürlich sehr unterschiedlich. Grundsätzlich empfiehlt es sich
einzuplanen, dass
- es nicht selbstverständlich ist, dass alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen wollen,
- Schülerinnen und Schüler technisch anwesend sind, sich aber relativ unbemerkt „fremdbeschäftigen“,
- sich nicht alle konstruktiv verhalten bzw. sehr wortkarg sind,
- technische Probleme haben bzw. nicht über genügend Medienkompetenz für die Teilnahme verfügen.
Maßnahmen gegen den Mangel an Motivation betreffen
- technische Kenntnisse,
- die pädagogisch-didaktische Planung
- organisatorische Vorkehrungen.
Die drei Bereiche werden im Folgenden ausgeführt.
Motivation der Schülerinnen und Schüler
Übersicht:
Kompetenzen für die Durchführung einer Videokonferenz bzw. für die Teilnahme
1. Technische Kenntnisse
Sowohl für die Lehrkräfte als auch für die Schülerinnen und Schüler muss im Vorfeld gesichert werden, dass sie
- mit dem eingesetzten System problemlos umgehen können, weil sie mit den Funktionalitäten vertraut sind
- das sie über die notwendige Medienkompetenz verfügen, Materialien für die Visualisierung oder andere online-Werkzeuge einzubinden (siehe dazu Übersicht über notwendige Kompetenzen).
Es ist sehr empfehlenswert, das an der Schule eingesetzte System im Vorfeld mit anderen Lehrkräften auszuprobieren. Es kann auch nötig sein, Schülerinnen und Schülern einen Probelauf anzubieten. Dieser Technik-Check kann auch ggf. an Mitschüler, die z. B. als Medientutoren eingesetzt sind, delegiert werden.
Technikcheck im Vorfeld
2. Pädagogisch-didaktische Planung
- Zielsetzung klären und kommunizieren:
Für die Teilnehmer sollten Ziel und Sinn klar sein, damit das virtuelle Treffen für sie relevant ist und sie motiviert sind, aufmerksam zu sein. Es ist hilfreich, wenn die Zielsetzung bereits mit der Einladung kommuniziert wird. - Input-Phase strukturieren und visualisieren:
Phasen, in denen Inhalte virtuell vermittelt werden sollen, verlangen Konzentration und Disziplin; diese Phasen sollten daher- kurz und gut strukturiert sein,
- durch Visualisierungen (Präsentation, digitale Mitschrift) unterstützt werden,
- inhaltlich ggf. vorentlastet werden, z. B. durch Lernvideos, Fragen, Graphic Organizer oder ein Skript
- Schülerinnen und Schüler aktivieren:
Die aktive Teilnahme lässt sich auf unterschiedlichen Wegen erreichen:- praktische Einbindung durch die Vorbereitung kleiner Informationsbausteine, die phasenweise Übernahme der Moderatorenrolle oder die Formulierung einer Ergebnissicherung
- Rhythmisierung durch Phasen der Kleingruppenarbeit in „virtuellen“ Gruppenräumen, sogenannten „Channels“ oder „Break-Out-Rooms“
die Nutzung von Online-Werkzeugen, um z. B. Feedback einzuholen und Verständnis abzufragen oder um ein Quizz oder andere spielerische Elemente zu integrieren
Die „Tipps zur Gestaltung von Videokonferenzen“ bieten Anregungen für die Aktivierung von Teilnehmern.
Weitere Beispiele für die Aktivierung von Schülerinnen und Schülern sind
3. Organisatorische Hinweise
Folgende flankierende Maßnahmen können auch dazu beitragen, dass Videokonferenzen gut verlaufen:
- Schüler bei der zeitlichen Gestaltung beteiligen:
Schülerinnen und Schüler empfinden es als motivierend, wenn die zeitliche Gestaltung ihre Bedürfnisse berücksichtigt. Dazu zählt z. B., dass - der Termin für die Konferenz gemeinsam abgestimmt wird,
- sie in der Konferenz ausreichend Zeit haben, Fragen zu beantworten, weil sie z. B. erst ihr Mikrofon einschalten müssen oder überrascht sind, aufgerufen zu werden,
- die Konferenz in einen obligatorischen Teil für die ganze Klasse oder Kleingruppe und einen optionalen Teil mit Zeit für individuelle Fragen und ggf. persönliche Gesprächen geteilt wird.
- Vorausschauend planen:
- Die Termine für Videokonferenzen sollten mit einem ausreichend großen Vorlauf angekündigt werden.
- Fest vereinbarte Termine und/oder die Kombination von virtuellen Treffen und Wochenplanarbeit schaffen Planungssicherheit.
- Überblick behalten
- Es empfiehlt sich, vor der Videokonferenz alle Unterlagen, die man zeigen oder verwenden möchte, zu öffnen, damit sie schnell verfügbar sind.
- Es kann hilfreich sein, den Verlauf der Konferenz in einem Dokument zu festzuhalten; dieses Dokument ist für Schülerinnen und Schüler mittels eines zweiten Bildschirms sichtbar und kann auch dazu dienen, Arbeitsergebnisse aus einzelnen Phasen festzuhalten.
- Für Kleingruppenarbeit müssen die „Arbeitsräume“ (Channels) vorbereitet und die Gruppenaufteilung geklärt sein.
- Ein „virtueller Sitzplan“ hilft, die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler direkt anzusprechen und Gruppen einzuteilen. Ein Beispiel für einen solchen Sitzplan findet sich im Dokument „Tipps für die Gestaltung von Videokonferenzen“.
- Neben den virtuellen Möglichkeiten, die Hand zu heben oder sich im Chat zu Wort zu melden, können auch Kärtchen vorbereitet werden, mit denen sich die Schülerinnen und Schüler zu Wort melden können.
- Gesprächsatmosphäre schaffen:
- Schülerinnen und Schüler sind nicht selbstverständlich bereit, sich bei virtuellen Treffen einzubringen; damit sie weniger wortkarg sind, hilft es, z. B. jeden persönlich zu begrüßen und am Anfang ein wenig Smalltalk zu machen.
- Hilfreich ist auch, zwischendurch etwas Lustiges oder Nettes zu zeigen oder auch ein kleines Spiel zu veranstalten, wie z. B. eine Online-Variante von „Wer bin ich“.[1]
- Nachhaltig arbeiten:
Es ist technisch sehr einfach, bei einer Videokonferenz einen Mitschnitt, z. B. als Audiobeitrag, zu erstellen. Allerdings kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nur der Input der Lehrkraft aufgezeichnet werden. Dieser Mitschnitt kann anschließend den Schülerinnen und Schülern über die Lernplattform der Schule zum individuellen Üben zur Verfügung zu stellen.
[1] Bei „Wer bin ich?“ als Online-Variante wählen die Teilnehmer eine prominente Figur und schreiben deren Namen auf einen Zettel. Durch Ja-/Nein-Fragen soll erraten werden, welche Person man darstellt.
Terminabsprachen
Zeit nicht zu knapp bemessen
Planungssicherheit
Ergebnissicherung
Kleingruppenarbeit
Handzeichen
Smalltalk
Mitschnitt als Audio